Der Geschmack der Heimat

Bürgergemeinschaft Allmannsdorf-Staad kocht mit Flüchtlingen.

Etwa 170 Gäste drängen sich bei der Aktion im Saal. Viele Asylbewerber, die in Sporthallen keine Gelegenheit zum Kochen haben, wünschen sich eine eigene Küche, um vertrautes Essen kochen zu können.

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Sie kochen für Flüchtlinge und Allmannsdorfer (von links): Hildegard Schuck, Margarete Zimmermann, Keyvan Cavit, Ursula Keller, Ehsan Merichi, Arzu Yildrim, Abdin Serlak, SPD-Stadträtin Zahide Sarikas und Sven Martin, Vorsitzender der Bürgergemeinschaft Allmannsdorf-Staad. | Bild: Claudia Rindt

Artikel von Claudia Rindt, Südkurier, 20. Januar 2016

Abdin Serlak lässt Auberginen-Scheiben in der Pfanne schmoren, Arzu Yildrim rührt in einem Eintopf, Hildegard Schuck, Margarete Zimmermann, Ursula Keller von der lebendigen Nachbarschaft in Allmannsdorf mischen Salate und Keyvan Cavit, ein Mann aus dem Orient, sorgt an der Spüle dafür, dass es trotz des Andrangs blitzblank aussieht in der Küche von St. Georg. Die Menschen dort kommen aus dem Iran, aus Afghanistan, aus Syrien, aus der Türkei und aus Deutschland. Doch sie arbeiten so gut zusammen, als hätten sie das schon immer getan. Flüchtlinge kochen mit Allmannsdorfern für Flüchtlinge und Einheimische, das ist die Idee des Abends, angestoßen von der SPD-Stadträtin Zahide Sarikas und der Bürgergemeinschaft Allmannsdorf-Staad. Rund 100 Gäste erwarten sie, gut 170 drängen sich dann tatsächlich in den Saal. Bei den meisten Besuchern handelt es sich um Asylbewerber, die in den Turnhallen untergebracht sind, dort keine eigene Küche haben, also mit Kantinenessen versorgt werden. Sie sind froh, einmal wieder ihre Heimat schmecken zu können.

Der Berufskoch Abdin Serlak ist Chef des Teams in der Küche von St. Georg. Weil es dort viel zu eng ist für die gesamte 15-köpfige Vorbereitungsgruppe, arbeiten einige Frauen in einer anderen, privaten Küche. Sie bereiten unter anderem Joghurt mit Spinat und Nüssen, den traditionellen Bulgur-Salat Tabouleh und andere Gerichte aus ihren Heimatländern zu. „Wir wollen nicht etwas für Flüchtlinge, sondern mit Flüchtlingen machen“, sagt Zahide Sarikas. Diese sind mit Eifer beim Kochen dabei. Sie füllen riesige Schüsseln und Platten mit würzig duftenden, fremdartigen Gerichten. Kein Vergleich zum Essen, das sie in den Turnhallen bekommen. Ständig gebe es Nudeln und belegte Brote, anfangs habe man sich noch nicht einmal einen Nachschlag holen dürfen, berichten mehrere Flüchtlinge übereinstimmend. Viele seien nicht satt geworden. Einer erinnert sich an ein Essen vor wenigen Tagen: Eine Kartoffel und einen Klecks Quark. Einige Flüchtlinge fragen sich, warum es nicht möglich ist, ihnen einen Küchencontainer zur Verfügung zu stellen, in dem sie selbst kochen können. In den Turnhallen gab es schon mehrfach wegen des Essens Auseinandersetzungen.

Die Rentnerin Brunhilde Wolff, die sich ehrenamtlich um die Flüchtlinge kümmert, die angeblich zu den Störenfrieden gehören, würde eine solche Feldküche ebenfalls begrüßen. Die Flüchtlinge hätten dann etwas zu tun und könnten die lange Zeit des Wartens auf die Anerkennungsbescheide überbrücken. Sie hat den Eindruck, dass das erzwungene Nichtstun der ersten Monate die Menschen zermürbt – vor allem die jungen Männer.

Die Bürgergemeinschaft Allmannsdorf-Staad sorgt mit Begegnungscafé, Spielenachmittagen, gemeinsamen Ausflügen und Sportaktionen für Abwechslung sowie Möglichkeiten des Kennenlernens zwischen Einheimischen und Neuankömmlingen. Der Vorsitzende Sven Martin sagte, Allmannsdorf stelle zehn Prozent der Bevölkerung. Sein Ziel sei es deshalb, für mindestens zehn Prozent der Flüchtlinge in Konstanz etwas anzubieten. Zum Essensabend kamen wenige Allmannsdorfer und immer stießen Gespräche an Sprachhürden. Die fließend arabisch und deutsch sprechende Islamwissenschaftlerin Anja Seuthe sowie ihr Mann waren als Dolmetscher ebenso gefragt wie Zahide Sarikas, die in Deutsch und Kurdisch vermitteln kann. Zu den deutschen Gästen, die das Essen genossen, gehörte die Rentnerin Gisela aus Allmannsdorf, die ihren Nachnamen nicht nennen wollte. Sie kümmert sich seit Jahren privat um Flüchtlingsfamilien, und war mit mächtigem Appetit in den Pfarrsaal gekommen. „Das Essen ist hervorragend.“

Die Flüchtlinge an den Tischen lachten und redeten durcheinander. Nicht erkennbar waren die teilweise dramatischen Schicksale, die hinter ihrer Flucht standen, so wie bei Jihan Yousef. Die dreifache Mutter und Friedensaktivistin musste Syrien verlassen, weil ihr Gefängnis drohte, sie landete in Bulgarien, wo sie zusammen mit ihren Kindern eingesperrt wurde, und nach der Freilassung um das blanke Überleben kämpfen musste.

Zum Nachkochen: Tabouleh-Salat

Für den Tabouleh-Salat gibt es einige Rezeptvarianten. Hier ist eine für vier Personen: 150 Gramm Bulgur, vier Tomaten, eine Salatgurke, vier Bund glatte Petersilie, eine kleine Zwiebel oder vier Frühlingszwiebeln, ein Bund Minze, Saft einer Zitrone, 5 Esslöffel Olivenöl, Salz und Pfeffer. Bulgur in eine Schüssel geben, mit kochendem Wasser oder Gemüsebrühe übergießen und etwa eine halbe Stunde quellen lassen. Tomaten und Gurke würfeln, Zwiebel fein schneiden. Petersilie und Minze grob zupfen und schneiden. Bulgur abgießen und abkühlen lassen, mit dem Gemüse und den Kräutern mischen. Kurz vor dem Servieren mit Zitrone, Olivenöl, Salz und Pfeffer anmachen. Bei Bedarf auch noch mit Knoblauch würzen. (rin)